
Integration volatiler erneuerbarer Energien
Materialbelastung von Fernwärmenetzen bewerten
Die Einbindung volatiler, erneuerbarer Wärmequellen führt in Fernwärmenetzen zu einer Erhöhung der Temperaturwechsel und damit zu einer stärkeren Belastung der Materialien. Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung übertragbarer Zustandsbewertungen von Fernwärmenetzen. Dazu erfassten die Forschenden deren tatsächliche Beanspruchung auf Grundlage von Betriebsdaten der Versorgungsunternehmen und Ergebnissen von Langzeitmessstellen. So können die Materialkennwerte von Systembauteilen für die Planung und Auslegung von Leitungsabschnitten und ganzen Netzen besser bestimmt werden. Die Projektergebnisse wurden in Konzepten berücksichtigt, mit denen die Gebrauchsdauer der Netze verlängert werden kann.
Die Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem Deutschlands fordert Fernwärmenetze auf eine neue bisher nicht dagewesene Weise. Eine flexible Fahrweise von KWK-Kraftwerken ist nötig, um auf volatile erneuerbare Stromerzeugung reagieren zu können. Gleichzeitig werden langfristig vermehrt volatile erneuerbare Wärmequellen direkt in Fernwärmesysteme eingebunden werden müssen. Für die Fernwärmenetze bedeutet dies eine Erhöhung der Temperaturwechsel und damit eine Erhöhung der Belastung der Materialien, welche zu einer eine Verkürzung der Gebrauchsdauer. Der Einfluss erhöhter Wechselbeanspruchungen auf die Netze ist bislang unbekannt. Diese entstehen insbesondere bei der
- Flexibilisierung des Kraftwerksparks durch Speicher,
- der Nutzung des Netzes als Speicher,
- bei volatiler solarthermischer Einspeisung,
- flexibler Fahrweise von KWK-Anlagen sowie temporärer Abschaltung von Kraftwerksblöcken sowie
- bei einer Erhöhung der Anschlussdichte durch Fernwärme-Ausbau in kleineren Leitungsquerschnitten.
Im Projekt wurden die Auswirkungen realer, zyklischer Wechselbeanspruchungen auf Wärmenetze untersucht. Die Ergebnisse dienen dazu, Wärmenetze für zukünftige Herausforderungen zu qualifizieren und gleichermaßen Belastungsgrenzen aufzuzeigen, um bei steigender volatiler Wärmeerzeugung eine hohes Maß an Versorgungssicherheit zu erreichen.
Die Aufgaben der Forschungspartner waren durch sechs Arbeitspakete definiert. In Arbeitspaket 1 wurden die realen Beanspruchungen, zukünftige Fahrweisen und wirtschaftliche Einflussparameter bestimmt. In den Arbeitspaketen 2 bis 5 führten qualifizierte Prüfinstitute und Forschungsstellen die Materialuntersuchungen durch und erarbeiteten Systembausteine für das mechanische Ersatzmodell. Diese wurden in Arbeitspaket 6 zusammengeführt, mittels Beispielrechnungen getestet und für die relevanten Normungsgremien aufbereitet.

Forschungsfokus
Ausgangspunkt der Untersuchungen war die Ermittlung realer Beanspruchungen erdverlegter Kunststoffmantelrohre (KMR) anhand von In Situ Langzeitmessstellen in Wärmenetzen. Hierbei wurde angenommen, dass insbesondere die temperaturbedingten Wechselbeanspruchungen, die durch die Fahrweisen der Erzeugungsanlagen entstehen, die Gebrauchsdauer von Trassenabschnitten eines Netzes bestimmen. Durch Materialuntersuchungen werden die Belastungsgrenzen von Systemkomponenten wie Polyurethan-Hartschaum, PE-HD Mantel, Dehnpolster sowie umliegendes Erdreich und Mantelrohrverbindungen bestimmt. Dabei handelt es sich um eine komplexe Beanspruchung durch beispielsweise Temperatur, mechanische Wechselbeanspruchungen oder Feuchte. Mit den Ergebnissen der Materialuntersuchungen wurde das bestehende mechanische Modell für den Ersatz von Systemkomponenten erweitert. Zusätzlich erarbeiteten die Forschenden eine Methodik zur Zustandsbewertung von Leitungsabschnitten anhand von Temperaturfahrweisen. Die Erkenntnisse fließen in neue ingenieurtechnische Werkzeuge zur Integration erneuerbarer Energien in bestehende Wärmenetze ein.

Zentrale Idee und Ansatz
Der Stand des Wissens über lebensdauerlimitierende Faktoren eines Fernwärmesystems bildet den Ausgangspunkt des Projekts. Denn Materialkennwerte seiner Systembausteine bei zyklischen, überlagerten Belastungen wurden bislang noch nicht untersucht. Mit den Forschungsergebnissen sollen reale Belastungszustände abgebildet und technische Zustände bestehender Netze besser abgeschätzt werden. Dies ermöglicht eine optimierte Erzeugung der benötigten Wärmemengen und einen schonenderen Umgang mit der Ressource Fernwärmenetz. Darüber hinaus bilden die Projektergebnisse eine notwendige Grundlage für die künftige technische Qualifikation von Fernwärmenetzen. Die Migration der Projektergebnisse in die Branche und entsprechende Normen wird durch einen projektbegleitenden Arbeitskreis, dem Versorgungsunternehmen, Rohrhersteller, Ingenieurbüros und Forschungsstellen angehören, sichergestellt.
Erprobung und Anwendung
Die Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben wurden in zahlreichen Publikationen zusammengefasst.