In den Forschungsprojekten KOST und TEWISol untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie Solarthermieanlagen kostengünstiger werden können. ©GrafKoks - stock.adobe.com
In den Forschungsprojekten KOST und TEWISol untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie Solarthermieanlagen kostengünstiger werden können.

Werkzeuge und Verfahren entwickelt
Kostentreiber in der Solarthermie-Branche identifizieren

12.07.2021 | Aktualisiert am: 19.11.2024

Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, muss Solarthermie-Technologie kostengünstiger werden. Mithilfe wirtschaftswissenschaftlicher Verfahren identifizieren Forscher wichtige Teilprozesse und Kostentreiber. Die Ergebnisse können Firmen der Branche nutzen, um ihre Abläufe zu optimieren. Zwei Forschungsprojekte befassten sich mit diesem Thema: das hier vorgestellte Vorhaben TEWISol sowie das Projekt KOST.

Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zeigten, dass die solarthermischen Kombianlagen in den vergangenen Jahren vielfältiger und komplexer geworden sind. Allerdings erreichten die untersuchten Firmen dadurch keine wesentlichen Steigerungen des nutzbaren Ertrags. Während die produktbehafteten Einzelkosten gesunken sind, stieg der Anteil der zu kalkulierenden Gemeinkosten für das Variantenmanagement – zum Beispiel für Lagerhaltung, Vertrieb, Verwaltung – um 30 Prozent. Durch Reduktion der Variantenvielfalt können folglich ohne wesentliche Ertragseinbußen die Kosten gesenkt werden, da die Hersteller höhere Skaleneffekte erzielen können. Technische und wirtschaftliche Optimierungen können die Kosten signifikant senken.

Ursachen für hohe Wärmegestehungskosten gesucht

Vom Lieferanten über den Hersteller bis zum Handwerker: Im Projekt TEWISol untersuchen Wissenschaftler alle Teilprozesse bis zur fertig installierten Solarthermie-Anlage. Ziel ist es, Ursachen zu finden, die für die relativ hohen Wärmegestehungskosten der Solarthermie verantwortlich sind. Um wichtige Teilprozesse und Kostentreiber zu identifizieren, führen die Wissenschaftler Interviews mit Verantwortlichen aus projektbeteiligten Unternehmen der Heizungsbranche sowie einem Installationsbetrieb durch. Zusätzlich klassifizieren sie die auf dem Markt verfügbaren Systeme. Das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen erfasst in der Unternehmensanalyse unter anderem die werthaltigen Komponenten. Die erhobenen Daten dienen als Basis für numerische Simulationsmodelle.

Im Projekt TEWISol analysieren die Forschenden technische und wirtschaftliche Aspekte, die Einfluss auf die Wärmegestehungskosten von solarthermischen Anlagen haben.
Im Projekt TEWISol analysieren die Forschenden technische und wirtschaftliche Aspekte, die Einfluss auf die Wärmegestehungskosten von solarthermischen Anlagen haben. (Quelle: Fraunhofer ISE)

Ergebnis: Mit neuen Analysewerkzeugen Kosten senken

Mit den entwickelten Modellen werden verschiedene Anlagentypen und Varianten von Bauteilen für eine numerische Simulation abgebildet. Hierbei handelt es sich um eine Computersimulation, bei der sich in der Regel schrittweise einer Lösung genähert wird. Bei Simulationsberechnungen müssen größere Datenmengen verarbeitet werden. Dazu analysieren die Forschenden zunächst Schlüsselkomponenten wie Wärmeübergabesysteme, Speicher oder Regelungssysteme. Im Fokus steht dabei die Energieeffizienz des Gesamtsystems.

Dieses Vorgehen wird im nächsten Schritt mit den im Projekt entwickelten kundenübergreifenden Methoden der Wertanalyse, des Komplexitätsmanagements und der Prozesskostenanalyse kombiniert. Die Wissenschaftler bezeichnen dieses Vorgehen als "Multi-Prozesskostensystematik". Diese ist in einem zweiten Tool zur Kostenbetrachtung integriert.

Die Optimierung umfasst folgende Teilmethoden:
1. Komplexitäts- und Variantenanalyse
2. Prozesskostenanalyse
3. Wertanalyse
4. Simulationsbasierte energetische Analyse
5. Systemertragsermittlung durch messtechnische Analysen

Mit der Kombination der verschiedenen Methoden wollen die Forschenden erreichen, dass Optimierungsmöglichkeiten beim Preis-Leistungsverhältnis besser identifiziert werden können. Sie berücksichtigen dabei die komplette Prozesskette vom Komponentenlieferanten über den Systemhersteller bis zur Installation durch den Handwerker. Optimierungskriterium ist die Minimierung der Vollkosten für den Kunden im Verhältnis zum Normsystemertrag. Ziel ist es,die Kosten für den Endkunden um mehr als 20 Prozent zu senken.

Im Ergebnis stehen damit zwei neu entwickelte Expertenwerkzeuge für die energetische, technisch-konstruktive sowie kostenmäßige Betrachtung bereit.

Anwendung

Um die neu entwickelten Methoden in die Praxis übertragen zu können, müssen die Verfahren an Unternehmens- und Branchenspezifika angepasst werden. Das solarthermische Gesamtsystem vor Ort muss berücksichtigt und von der Produktentwicklung bis zur Installation beim Endkunden betrachtet werden. Darauf aufbauend können energetische Systemsimulationen durchgeführt und Produktkostenoptimierung sowie preis-/leistungsoptimale Systemvarianten umgesetzt werden.

Aktuell testen die Forschenden die Gesamtmethodik mit Industriepartnern in einem iterativen Prozess, sodass die Verfahren eine valide Basis haben. Nach den bisherigen Erfahrungen hat sich die Methodik in der Praxis bewährt. Zur Verwertung stehen die entwickelten Methoden in den beiden Expertenwerkzeugen auch weiteren Industriepartnern zur Verfügung (Kontakte: siehe rechts). Somit kann mit reduziertem Aufwand der Gesamt-Prozess für ein Unternehmen der Heizungsbranche adaptiert und aufgesetzt werden.