Wärmepumpen werden zukünftig auch eine bedeutende Rolle in der Industrie einnehmen. ©vchalup – stock.adobe.com
Wärmepumpen werden zukünftig auch eine bedeutende Rolle in der Industrie einnehmen.

Zukunftstechnologie Wärmepumpe
Interview: Die wichtige Rolle von Best-Practice-Beispielen

23.03.2023 | Aktualisiert am: 29.11.2024

Dr. Lena Schnabel leitet die Abteilung Wärme- und Kältetechnik am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Zusammen mit ihrem Team forscht sie insbesondere zu Wärmepumpen – sowohl im Bereich Gebäude als auch für die Industrie.

Dr. Lena Schnabel im Porträt ©Fraunhofer ISE
Dr. Lena Schnabel leitet die Abteilung Wärme- und Kältetechnik am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Mit ihrem Team untersucht sie unter anderem in den Forschungsprojekten LC150 und LCR290, wie sich Propan als Kältemittel in Wärmepumpen einsetzen lässt.

Sind Wärmepumpen aus Ihrer Sicht die Wärmetechnologie der Zukunft?

Ja, im Gebäudebereich sind sie das – etwa für die direkte Beheizung, sei es in Teilen eines Gebäudes oder auch in einem Einfamilienhaus. Da werden sehr unterschiedliche Leistungsklassen oder Leistungsgrößen benötigt. Außerdem steht der Ausbau der Wärmenetze an: Um diese zu versorgen, muss mit großen Wärmepumpen in hohe Leistungsbereiche gearbeitet werden. Auch dort werden wir nicht mehr auf Gas, Öl oder Abwärme von konventionellen Kraftwerken zurückgreifen können. Somit werden Wärmepumpen die zentrale Technologie zum Bereitstellen von Wärme. Und das wird auch für einige Prozesse in der Industrie zutreffen.  

Klimaneutrale Kältemittel sind ein Schwerpunkt in Ihrer Forschung, unter anderem im Forschungsprojekt LC150. Wie ist in dem Bereich der Stand der Forschung?

Natürliche Kältemittel haben alle sehr besondere Eigenschaften. Das bedeutet, dass auch die Anlagen spezifisch auf diese Kältemittel angepasst werden müssen. Im Forschungsprojekt LC150 arbeiten wir mit dem Kältemittel Propan. Propan ist brennbar und daher gilt es, in der Geräteentwicklung das Sicherheitsrisiko so klein wie möglich zu halten. Ein allererster Schritt ist dazu, die Füllmenge so weit wie möglich zu reduzieren. In Europa funktioniert mittlerweile jeder Kühlschrank mit einem brennbaren Kältemittel – die Füllmengen liegen typischerweise zwischen 80 und 120 Gramm. Das ist die Größenordnung, die wir auch für Wärmepumpen für den Gebäudebereich anstreben.

In LC150 haben wir daher untersucht, wieviel Heizleistung einem Gebäude bereitgestellt werden kann, wenn die Füllmenge 150 Gramm Propan beträgt. Eine Heizleistung im Bereich von acht bis zehn Kilowatt konnten wir dabei bereits erreichen. Für eine Etagenwohnung um die 80 bis 100 Quadratmeter oder auch ein Einfamilienhaus ist dies durchaus eine vernünftige Größenordnung. Gemeinsam bearbeiten wir das Thema für mehrere Industriepartner und wollen auch herausfinden, wie sich die Lösung dann perspektivisch in Produkte integrieren lässt.

Das Besondere in LC150 ist auch, dass mehrere Wärmepumpenhersteller ihre Expertise in das Projekt miteinbringen und die Entwicklung insofern auch gemeinsam in einem geschützten Raum stattfindet. Ist das auch eine Art Best-Practice, um die Wärmepumpen und Großwärmepumpen voranzubringen?

Vom Projektkonstrukt her ist es das auf jeden Fall. Wir entwickeln diesen Kältekreis für neun verschiedene Wärmepumpenhersteller. Normalerweise hätte das jede dieser Firmen für sich selbst getan und wäre damit individuell das Risiko in der Entwicklung eingegangen. In einem Projekt wie LC150 haben die Wärmepumpenhersteller die Möglichkeit, an dem neu generierten Know-how zu partizipieren, ohne in diesem großen Ausmaß investieren zu müssen. Am Ende besteht für sie zwar keine Exklusivität an dem Produkt, aber es kann die Prozesse beschleunigen, weil der Aufwand geteilt wird.

Warum sind Großwärmepumpen in Wärmenetzen im Quartierbereich noch nicht sehr weit verbreitet?

Da ist im Moment einiges in der Umsetzung. In zwei Umsetzungsprojekten sind wir auch beteiligt und begleiten die Inbetriebnahme, die Anlagenkonzepte und das Monitoring. Ich bin mir sicher, dass hier der Best-Practice-Effekt ziehen und in den nächsten zwei bis drei Jahren noch eine deutliche Beschleunigung reinbringen wird. Wärmenetze sind greifbarer als ein sehr breit gefächertes Spektrum an Industrieprozessen. Bei einem Wärmenetz ist klar, was es am Ende können und auf welchem Temperaturniveau es arbeiten muss. Hier gilt es vor allem zu klären, welche Quellen letztendlich anwendbar sind und wie eine wirtschaftliche Umsetzung aussehen kann.

Das komplette Interview mit weiteren Fragen zu spezifischen Anlagen und der Anwendung im industriellen Bereich lesen Sie hier.