Industriearbeiter in einer Raffinerie © industrieblick – stock.adobe.com
Förderschwerpunkt

Industrie und Gewerbe

Großer Forschungsbedarf zu Industrie und Gewerbe

Als einer der wesentlichen Verbrauchssektoren weist der effiziente Energieeinsatz in Industrie, Gewerbe, Handel und bei Dienstleistungen (IGHD) ein entscheidendes Potenzial bei der globalen Senkung der THG-Emissionen und der Erreichung der Klimaziele auf. Industrieprozesse in allen Branchen und Technologiebereichen müssen, unter Beibehaltung der Wirtschaftlichkeit und Prozesssicherheit, an die sich verändernde Energiebereitstellung angepasst werden.

Förderfähige Forschungsinhalte zu Industrie und Gewerbe

Forschungsziele sind: Umstellungen auf die Nutzung erneuerbarer Energien (insbesondere Strom und Wasserstoff, aber auch erneuerbare Wärme aus Geothermie und Solarthermie), die Senkung des Energie- und Ressourcenverbrauchs, die Steigerung der Gesamteffizienz sowie die Erhöhung der Flexibilität und der Resilienz der Industrieproduktion. Damit kann die Industrie als Energieverbraucher und -lieferant auch systemdienlich zur Sicherheit und Resilienz des Energiesystems beitragen.

Eine besondere Herausforderung im Bereich IGHD ist es, einen bestmöglichen Kompromiss zwischen der genutzten Energieart und dem effizient zu betreibenden Produktions-, Fertigungs- und Bearbeitungsprozess zu finden. Bei der Auswahl von geeigneten Optimierungsmaßnahmen ist dabei weniger der einzelne Prozessschritt als vielmehr der Energieverbrauch im Gesamtlebenszyklus der Produkte und Anlagen entscheidend, der sich über die gesamte Wertschöpfungskette, die Nutzungsphase und die Aufbereitung oder Entsorgung am Lebensende erstreckt.

Ein wichtiger Aspekt ist die Deckung des Wärme- und Kältebedarfs in industriellen Prozessen. Dieser spielt sowohl im Hochtemperaturbereich als auch bei mittleren und niedrigen Temperaturen eine zentrale Rolle. Wurde die thermische Energie bisher vielfach über fossile Energieträger wie Erdgas bereitgestellt, werden durch die Transformation der Industrie in Zukunft Wärmepumpen unterschiedlichster Temperatur- und Leistungsbereiche, mit biogenen oder synthetischen Brennstoffen betriebene Brenner und Öfen, direktelektrische Beheizung und solare Prozesswärme verwendet werden. Wärmespeicher und deren komplexe Systemintegration sowie intelligente Prozessführung und Abwärmenutzung kommen hinzu. Dies erfordert Forschung und Entwicklung sowohl auf Komponenten- als auch auf Anlagen- und Prozess-Ebene.

Zusätzlich müssen thermische Prozesse mithilfe neu entwickelter, energiesparender Verfahren substituiert oder ergänzt werden, um den Gesamtwärmebedarf zu senken und Abwärme zu vermeiden. Unvermeidbare Abwärme kann hingegen direkt im Prozess, im Unternehmen oder durch Einspeisung in Nah- und Fernwärme-Netze sowie thermische Speicher genutzt werden. Hier sind weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten notwendig, um Bereitstellung und Bedarf, Temperaturniveaus und weitere Parameter aufeinander abzustimmen und entstehende Abhängigkeiten in der Wärmeversorgung resilient zu steuern.

Die Elektrifizierung der Industrie ist mit der Weiterentwicklung oder disruptiven Neuentwicklung von Anlagen und Prozessen verbunden. Daneben muss der durch Elektrifizierung stark ansteigende Stromverbrauch an die dynamische Strombereitstellung angepasst beziehungsweise hiervon entkoppelt werden, etwa durch Lastverschiebungen, Flexibilisierung der Produktionsprozesse und Energiespeicherung. Auch können eine dezentrale Stromerzeugung, etwa auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Organic-Rankine-Cycles (ORC) oder thermoelektrischen Generatoren (TEG) unter gleichzeitiger Nutzung industrieller Abwärme, sowie hybride Systeme mit verschiedenen erneuerbaren Energiequellen zur Entlastung des Stromnetzes beitragen. Die Entwicklung optimierter Prozess- und Energiemanagement-Systeme wird dabei durch Nutzung neuer digitaler Methoden bestmöglich unterstützt.

Überall dort, wo eine strombasierte Prozessführung nicht möglich ist, müssen nicht-fossile Alternativen geschaffen werden. Grüner Wasserstoff, grünes Ammoniak, Biogas oder Biomethan sind Alternativen für fossile Brennstoffe und Reaktanden. Ihre Anwendung bedarf der technologischen Weiterentwicklung, um die klassische Nutzung von Erdgas und Erdöl prozesssicher und unter Beibehaltung der Produktqualität zu substituieren.

Weitere relevante Forschungsthemen zu Industrie und Gewerbe

Die Förderung beschränkt sich nicht nur auf Innovationen in produktorientierten Industrieprozessen und -technologien, sondern umfasst auch produktionsorientierte Logistik und Wartung, die Betriebsführung sowie die Versorgungssicherheit und Resilienz von Industriestandorten gegenüber internen und externen Störungen und Betriebsausfällen.

Die Übertragung von Forschungserkenntnissen und Innovationen in die Praxis ist nicht selten mit einer Größenskalierung der Anlagen bis zum Produktionsmaßstab und weiterem Entwicklungsbedarf verbunden. Die Förderung von „Modellprojekten Industrie“ soll die Integration entwickelter Lösungen in industrielle Prozesse unterstützen und den Übergang von der Forschung in den Betrieb erleichtern. Die entsprechenden Vorhaben zeichnen sich durch einen hohen Technologiereifegrad sowie die Skalierung und erstmalige Einbindung einer neuen Technologie in den operativen Betrieb einer Produktionsanlage aus.

Darüber hinaus sind Forschungsvorhaben förderfähig, die wissenschaftliche Fragestellungen an investiven Fördervorhaben anderer Förderprogramme zu innovativen Industrieanlagen beziehungsweise Energiebereitstellung durch innovative Technologien im Industrie- und Gewerbesektor begleitend untersuchen. Somit können große Transformationsvorhaben im Industriesektor messtechnisch evaluiert, wissenschaftlich begleitet und für die Nutzung sowie zukünftige Anwendungsfälle optimiert werden.