Interaktion von Gebäuden mit Strom- und Wärmenetzen
Netzdienliche Betriebsführungsstrategien für Nichtwohngebäude
Mit diesem Forschungsprojekt sollen neuartige Strategien zur energetischen Betriebsführung von Nichtwohngebäuden entwickelt und getestet werden. Die Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden der Sektoren Gewerbe, Handel und Dienstleistungen soll dadurch energieeffizient und zudem auch netzdienlich gestaltet werden. Der Test erfolgt im Labor auf Basis von Hardware-in-the-Loop-Versuchen und anschließend werden die Betriebsführungskonzepte in mehreren realen Gebäuden erprobt.
Zukünftig werden Gebäude stärker mit Strom- und Wärmenetzen interagieren. Daher muss die Wärme- und Kälteversorgung und der Gebäudebetrieb netzdienlich gestaltet werden. Diese Anforderung ergibt sich aus den derzeit stattfindenden Veränderungen im deutschen Energiesystem: Der steigende Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien, zumeist Wind- und Solarstrom, führt zu starken zeitlichen Schwankungen in der Stromproduktion. Durch den Übergang zu einer zunehmend dezentralen Versorgung entstehen lokale bzw. regionale Differenzen zwischen Erzeugung und Bedarf von Elektrizität, was erhöhte Anforderungen an die Stabilität der Stromnetze und eine effiziente und zuverlässige Stromversorgung stellt.
Ein vielversprechender Ansatz, um Differenzen zwischen Stromangebot und -nachfrage auszugleichen, liegt im Demand-Side-Management, also in der gezielten Aktivierung oder Abschaltung von elektrischen Verbrauchern, um damit den elektrischen Leistungsbedarf beeinflussen zu können. Über elektrisch angetriebene Wärmepumpen, Kältemaschinen und Ventilatoren besteht in Gebäuden eine vielfältige Kopplung von thermischem und elektrischem Energiebedarf.
Ausgangspunkt für dieses Projekt war das Vorläuferprojekt "Netzreaktive Gebäude", mit dem grundlegende Methoden und verschiedene Simulationsmodelle für den netzdienlichen Betrieb von Gebäuden und Anlagen zur Wärme- und Kälteversorgung entwickelt wurden: Algorithmen zur Lastverschiebung und eine Lösung zur Kopplung unterschiedlicher Softwarewerkzeuge. Letzteres ermöglicht es, detaillierte Gebäudesimulationen mit in anderen Softwareumgebungen implementierten Regelungskonzepten zu koppeln. Auf diese Art wurden erste Ansätze zum netzdienlichen Gebäudebetrieb entwickelt und Lastverschiebungspotentiale im Kontext steigender Anteile regenerativer Energien im Energiesystem abgeschätzt.
Forschungsfokus
Im Forschungsprojekt FlexControl arbeiten ein Forschungsinstitut, drei Hochschulinstitute und ein Unternehmen an neuartigen Betriebsführungsstrategien für eine energieeffiziente und zugleich netzdienliche Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden.
Um die notwendigen Anforderungen der Anlagenbetreiber an den realen Betrieb zu erfassen, wird in einem ersten Schritt eine Umfrage unter Gebäude- und Anlagenbetreibern durchgeführt. Im Fokus stehen Neubau- und Bestandsgebäude der Sektoren Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Diese Umfrage soll Klarheit bringen über die in diesem Immobiliensektor eingesetzten Technologien zur Wärme- und Kälteerzeugung. In der Praxis relevante Versorgungstechnologien, thermohydraulische Topologien und technisch-energiewirtschaftliche Randbedingungen werden auf diese Weise identifiziert und die Netzdienlichkeit heutiger Gebäude analysiert.
Außerdem soll auch ausgelotet werden, auf Basis welcher Motivation die Betreiber für einen netzdienlichen Anlagenbetrieb zu gewinnen wären. Hierbei werden die Nutzeranforderungen erfasst und unterschiedliche Betreiber- und Anreizmodelle bewertet.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen für einen netzdienlichen Gebäude- oder Anlagenbetrieb optimale Regelstrategien mit Hilfe von Simulationsmodellen und gekoppelten Optimierungsalgorithmen formuliert werden. Für jedes System berücksichtigt die Optimierung zum einen den Gebäude- und Anlagenbetrieb (Kriterien Energieverbrauch, Kosten, Komfort) und zum anderen das Gebäude mit seinen haustechnischen Anlagen in Interaktion mit dem Stromnetz, also unter Einbezug einer Größe des Energiesystems. Aus dem entwickelten idealen Systemverhalten werden einfachere, praxisnähere Regeln mittels Betriebsmustererkennung abgeleitet. Diese Algorithmen werden zunächst in Testständen nach dem Prinzip Hardware-in-the-Loop evaluiert und anschließend im realen Betrieb in mindestens drei Gebäuden hinsichtlich Ihrer Praxistauglichkeit und Robustheit getestet.