Das Solarturmkraftwerk in Hami, China, mit Stellio-Heliostaten, die durch ihre fünfeckige Form ein dichteres Heliostatenfeld mit geringerer Verschattung gegenüber viereckigen Heliostaten ermöglichen. © HAMI SOLAR THERMAL POWER CORPORATION LIMITED
Das Solarturmkraftwerk in Hami, China, mit Stellio-Heliostaten, die durch ihre fünfeckige Form ein dichteres Heliostatenfeld mit geringerer Verschattung gegenüber viereckigen Heliostaten ermöglichen.

Solarthermische Kraftwerke
Auf den Punkt fokussieren mit Sandwich-Heliostaten

20.09.2022 | Aktualisiert am: 13.11.2024

In sonnenreichen Regionen eignen sich Solarturmkraftwerke wegen ihres hohen Wirkungsgrads zur regenerativen Energieerzeugung. Daher zielen diverse Forschungsarbeiten darauf, die Kosten für diese Technologie weiter zu senken, um einen größeren Markt erschließen zu können. Hierzu soll unter anderem eine neue Bauart des Konzentrators beitragen. Für das entwickelte Sandwich-Spiegel-Paneel aus dünnen Stahlblechen mit einem Kern aus Polyurethan-Schaum haben die Wissenschaftsteams die geforderte Formstabilität und Lebensdauer nachweisen können und einen ersten Heliostaten gebaut.

Solarturmkraftwerke verfügen über eine Vielzahl von mehreren 100 bis über 20.000 drehbaren Spiegeln, welche um einen Turm herum angeordnet sind. Die zweiachsig gekrümmten Spiegel, auch als Heliostaten bezeichnet, werden der Sonne nachgeführt und fokussieren die Sonnenstrahlung auf die zentrale Spitze des Solarturms. Hier befindet sich im Brennpunkt der Receiver mit Absorber, der sich auf etwa 600 bis über 1.000 Grad Celsius erhitzen lässt. Diesen durchströmt ein Wärmeträgermedium, welches die Wärme zu einer Dampfturbine mit Generator transportiert, um Strom zu erzeugen.

Das Heliostatenfeld stellt mit 30 bis 40 Prozent der Investitionskosten den größten Kostenfaktor eines solarthermischen Kraftwerks dar. Pro Quadratmeter liegen diese bei etwa 110 bis 150 Euro, wovon etwa 40 Prozent auf den Konzentrator, Spiegel mit Tragstruktur, entfallen. Hier setzt das Forschungsvorhaben Sahel, kurz für „Wirtschaftlichere Heliostaten mit Sandwichkonzentrator, Karussellnachführung und optischer Closed-Loop-Regelung“ an.

Neuer Konzentrator mit Dünnglasspiegel reflektiert stärker

Ziel der Projektteams war es, den Heliostat „Stellio“ von sbp sonne hinsichtlich Wirkungsgrad und Kosten zu optimieren. Stellio hat eine fünfeckige Form, die im Vergleich zu rechteckigen Heliostaten ein dichtes Heliostatenfeld mit geringer Verschattung ermöglicht. Momentan gehört „Stellio“ - je nach Standort und Stückzahl - zu den günstigsten am Markt verfügbaren Heliostaten.

Der konkrete Plan: Den Wirkungsgrad um 5 Prozent steigern sowie die Kosten um 10 bis 20 Prozent reduzieren. Dafür haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Dünnglasspiegel (Dicke 1 bis 2 Millimeter) verwendet, die über eine höhere Reflektivität verfügen als die aktuell genutzten Spiegel aus Stahl und Dickglas mit 4 Millimetern Dicke. Zudem haben sie eine präzisere Oberflächenform gebaut, sodass mehr Licht den Receiver erreicht. Allerdings sind diese Anpassungen nur mit einer veränderten Bauart des Konzentrators möglich.

Daher haben die Ingenieureinnen und Ingenieure ein von sbp patentiertes Sandwich-Spiegel-Paneel aus dünnen Stahlblechen und PUR-Schaum als Grundlage verwendet und weiterentwickelt. PUR-Schaum setzt sich hauptsächlich aus Polyalkoholen, Isocyanaten, Treibmitteln und Stabilisatoren zusammen. Das neue Sandwich besteht aus zwei Lagen vorverzinkter Stahlbleche. Dazwischen befindet sich ein Kern aus Polyurethan, dessen Dicke variabel ist. Hierfür hat das Projektteam von Covestro Deutschland eine spezielle Polyurethanverbindung erforscht, welche über die gewünschten Eigenschaften, wie Formbeständigkeit und Lebensdauer verfügt. Das neue Sandwich erlaubt es, Dünnglasspiegel mit hoher Reflektivität zu verwenden. Radiale Stege sorgen für die nötige Steifigkeit; sie sind ebenfalls als Sandwich nach demselben Prinzip ausgeführt.

Die Montage der ersten Sandwichfacetten eines Heliostaten-Prototyps auf dem Testgelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Jülich.

Der fertige, auf einem Pylonen installierte Sandwich-Konzentrator, wird auf dem Testgelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Jülich vermessen.

Sandwich-Heliostaten weisen Vorteile auf

Sandwich-Heliostaten verfügen über einen hohen Wirkungsgrad. Der PUR-Kern unterstützt den Spiegel auf seiner kompletten Fläche, so dass dieser dauerhaft die exakte Form behält. Zusätzlich absorbiert der Dünnglasspiegel nur wenig Licht und der Ertrag lässt sich steigern. Zudem benötigen Sandwichstrukturen nur wenige Einzelteile für ihre Konstruktion und sind darüber hinaus für Schäden durch Hagelschlag wenig anfällig, da das PUR-Kernmaterial energieabsorbierend wirkt.

Innerhalb des Projekts Sahel haben die Projektteams einen Sandwichkonzentrator detailliert geplant, gefertigt, installiert, vermessen und auf Basis der Messwerte optimiert. Die erzielten Ergebnisse haben gezeigt, dass der neue Konzentrator über eine hohe optische Qualität verfügt. Anschließend haben sie sowohl die Kosten für eine Serienfertigung abgeschätzt als auch eine Lebenszyklusanalyse durchgeführt, um Aussagen zum ökologischen Fußabdruck im Vergleich zum Heliostaten Stellio bewerten zu können. Die „Sahel-Variante“ ist durch insgesamt etwas höherer CO2-Emissionen charakterisiert. Grund hierfür: Der PUR-Schaum und der höhere Stahleinsatz beim Konzentrator wirken sich stärker auf die Emissionen aus, als der geringere Glaseinsatz. Hier besteht noch Optimierungsbedarf.

Lebendsauer und Langzeitstabilität eines neuen Bauteils stellen wichtige Kriterien für eine spätere kommerzielle Nutzung dar. Daher haben die Projektteams von DLR und Covestro einen speziellen Labor-Langzeittest entwickelt. Mit Hilfe des neuen Prüfverfahrens ist es ihnen gelungen, sowohl die geforderte Lebensdauer als auch die Formbeständigkeit der Sandwichkonstruktion nachzuweisen.

Die prognostizierten Kosten für die neuen Heliostaten liegen im Bereich von bewährten Stahl-Fachwerk-Strukturen mit 4-Millimeter-Spiegeln. Der Wirkungsgrad ist etwas höher, da Dünnglasspiegel mit 1 bis 2 Millimeter Dicke verwendet werden, statt der üblichen 4 Millimeter. Darüber hinaus, ergeben sich höhere Kosten für das verwendete Polyurethan.

Kleine Heliostaten für modulare Kraftwerke

Momentan könnte sich das neue Konzept für kleinere Konzentratoren mit weniger als 50 Quadratmeter Spiegelfläche eignen. Diese können aus einem Stück gefertigt werden. Bei größeren Anlagen setzt sich der Konzentrator aus vielen kleineren Sandwichelementen zusammen. Diese Arbeitsschritte sind aufwändig und mit jedem Fügevorgang wird die erreichbare Präzision reduziert sowie die Kosten erhöht.

Aktuell steigt der Bedarf an kleineren Heliostaten für modulare Kraftwerke. Also Anlagen, die sich aus mehreren Kleinkraftwerken zusammensetzen. Das bedeutet: Heliostatenfeld, Heliostaten und Turm mit Receiver sind kleiner dimensioniert. Hier könnte der entwickelte Konzentrator als sogenannte „Mono-Facette“, bei der die komplette Fläche in einem Vorgang am Stück gefertigt wird, erfolgreich sein.

Heliostaten folgen dem Sonnenstand

Eine neuartige vom DLR patentierte mechanische Karussell-Nachführung soll langfristig zusätzlich 20 Prozent der Heliostatfeld Kosten einsparen. Des Weiteren arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einer neuen Closed-Loop-Regelung, also einem geschlossenen Regelkreis. Idee ist es, Informationen über die tatsächliche Orientierung des Konzentrators zu verwenden. Dafür sind optische Sensoren notwendig, die beispielsweise ein Videobild liefern, um damit gegebenenfalls das Steuerungssignal zu korrigieren. So kann der Konzentrator dem Sonnenstand präziser nachgeführt werden. Der Wirkungsgrad des Kraftwerks ließe sich steigern und so die Kosten weiter reduzieren.