Beispiel für einen Fensterquerschnitt. © New Africa - stock.adobe.com
Beispiel für einen Fensterquerschnitt.

Gebäudesanierung
Qualitätssicherung für Fenster und Verglasung

14.07.2021 | Aktualisiert am: 19.11.2024

Mit dem entwickelten Messgerät können in Kombination mit einer Bewertungssoftware die realen energetischen Eigenschaften von Fenstern und Fassaden im Gebäudebestand untersucht werden. Hierbei werden auch die Anschlüsse an das Bauwerk mitberücksichtigt. Zudem wurde ein Sensorsystem entwickelt, mit dem der Fertigungsprozess bei der Isolierglasherstellung ebenfalls optimiert werden kann. Ergänzend wurde auch ein Verfahren zur verbesserten Qualitätssicherung in der Isolierglasfertigung entwickelt. Ein optisches Messverfahren erlaubt eine sehr genaue Messung des Edelgas-Füllgrades im Scheibenzwischenraum. Das System funktioniert inline, also im laufenden Fertigungsprozess und innerhalb weniger Sekunden. Damit sind verlässlichere Herstellerangaben für den Ug-Wert erreichbar.

Im Gebäudebestand gibt es aktuell mehr als 300 Millionen Fenster, deren Wärmeschutzqualität nicht Schritt halten kann mit modernen Fenstern, die in den letzten 20 Jahren entwickelt wurden und nun verfügbar sind. Wer seine Fenster aus der Zeit vor 1995 austauscht, kann große Zugewinne in Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit machen. Ob sich eine Fenstersanierung tatsächlich lohnt, muss im Einzelfall geprüft werden. Doch das ist gar nicht so einfach: Während der Wärmeschutzfaktor neuerer Bestandsverglasungen, also der Ug-Wert, in der Regel aus den Herstellerangaben ablesbar ist, können bei gealterten Wärmeschutz-Isoliergläsern oft nur Mutmaßungen über den Dämmwert getroffen werden.

Nur mit einer vor-Ort-Analyse kann die tatsächliche Fensterqualität ermittelt und die energetische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Fenstersanierung präzise bewertet werden. Mit dem Softwaretool können einzelne Fenster oder komplette Gebäudefassaden erfasst und energetisch bewertet werden. Messgerät und Software sollen sich auch von Anwendern ohne spezifische Bauphysik-Fachkenntnisse nutzen lassen: Fachplaner, Gutachter und Berater aus den Fenster-, Fassaden- und Glasbranche sollen damit für die Mehrzahl der Gebäudetypen und Nutzungsarten eine Analyse und Bewertung der Fensterqualität durchführen können. 

Forschungsfokus

Mit dem dreijährigen Forschungsprojekt sollte unter Beteiligung eines Forschungsinstituts, einer Hochschule und von sieben Unternehmen eine Methodik entwickelt werden, mit der die reale Wärmeschutzqualität von Fenstern mit einem mobilen Messgerät bestimmt und über ein Softwaretool für einzelne Fenster oder komplette Fassaden oder Gebäude erfasst und bewertet werden kann. 

Mobiles Messgerät

Mit Uglass, einem kompakten und mobilen Messgerät, lassen sich die Wärmeschutzeigenschaften von Verglasungen ermitteln, auch wenn keine Verglasungsdaten vorliegen. Dazu wird das aus zwei Hälften bestehende Gerät beidseitig auf dem Isolierglas angebracht, dies erfolgt mithilfe einer Saugpumpe.

Dann heizt der Sensor das Glas auf einer Seite auf und misst die Temperaturerhöhung ΔT auf der gegenüberliegenden Glasseite. Der zeitliche Verlauf von ΔT wird analysiert und daraus der Ug-Wert der Verglasung bestimmt. Das erfolgt innerhalb von 10 Minuten für 2fach-Isolierverglasungen und binnen 20 Minuten für 3-fach-Isolierverglasungen. Dabei können Ug-Werte im Bereich von 0,5 und 4 W/m2K zuverlässig bestimmt werden. Die Messgenauigkeit liegt im Bereich von ± 10%.
Die ermittelten Ug-Werte werden in die Bewertungssoftware übernommen, um die Fenster im Einbaukontext fundiert energetisch bewerten zu können. 

Bewertungssoftware

Das Programm Uwin ist eine Software zur Abschätzung der Energieeinsparung bei der Fenstersanierung. Es berechnet auf Basis anerkannter Rechenalgorithmen die zu erwartende energetische Verbesserung durch einen Fenster- oder Verglasungsaustausch. Das konkrete Einsparpotenzial eines Fensteraustauschs hängt von vielen Randbedingungen ab: Neben dem Gebäudestandort, der Fensterorientierung, der Verschattungs- und Einbausituation spielen beispielsweise auch der Gebäude- und Nutzungstyp, das Baualter und der Modernisierungsstatus des Gebäudes sowie die Heizungsart eine Rolle.

Adaptive Algorithmen erlauben bei dieser Software auch eine Bewertung, wenn nur wenige Daten ermittelbar sind (Grobanalyse. Mit einer Feinanalyse werden die Energieverluste schließlich sehr differenziert bewertet, einschließlich solarer Wärmegewinne und Lüftungswärmeverluste. Der Ug-Wert kann auch neigungsabhängig berechnet werden. Gebäudeinformationen, die Einbausituation der Fenster sowie verwendete Materialien, Rollladenkästen, Verglasungstyp und die Fensterproportionen (Rahmenanteil) werden berücksichtigt und die Werte mit dem gewünschten Austauschfenster verglichen. Dies kann auch ohne spezifische Bauphysik- oder Heizungstechnik-Fachkenntnisse vorgenommen werden, also in der Regel von Technikern, Planer und Berater aus der Fensterbranche. 

Inline-Qualitätssicherung bei der Isolierglasfertigung

Bei dem neu entwickelten Inline-Qualitätssicherung-System wird bei der Isolierglasfertigung ein Sensorspot in den Scheibenzwischenraum eingebracht. Damit kann im laufenden Fertigungsprozess der Edelgasfüllgrad sehr genau bestimmt werden. Bei zusätzlicher Kenntnis des genauen Emissionsgrades der Beschichtung (low ε) kann hieraus der Ug-Wert der Verglasung ermittelt werden. Eine automatisierte Einbindung der Messtechnik in die Produktionslinie ist problemlos und kostengünstig möglich und erlaubt eine lückenlose Qualitätskontrolle. In einem weiteren Entwicklungsschritt könnte der Sensorspot mit einem Transponder erweitert werden. Damit könnten dann herstellerseitig alle Produktdaten wie Aufbau, Gasfüllgrad, Ug-Wert etc. gespeichert werden, um diese für die weitere Verwendung zu dokumentieren.