Die Solarmodule von Photovoltaikanlagen müssen regelmäßig gesäubert werden, denn eine schmutzige Oberfläche beeinträchtigt ihre Leistung (Symbolbild). © Marina Lohrbach - stock.adobe.com
Die Solarmodule von Photovoltaikanlagen müssen regelmäßig gesäubert werden, denn eine schmutzige Oberfläche beeinträchtigt ihre Leistung (Symbolbild).

Projekt PerduS
Kampf gegen Sand-Staub aus der Sahara

29.04.2020 | Aktualisiert am: 15.11.2024

Die Kraft der Sonne nutzen, um damit Energie zu produzieren: Das ist die Idee hinter Photovoltaikanlagen. Damit das funktioniert, muss aber nicht nur die Sonne scheinen. Die Luft muss auch möglichst rein und frei von Schmutzpartikeln sein. Das kann zum Beispiel Staub aus der Sahara sein. Ein Forschungsteam hat jetzt untersucht, wie Saharastaub den Ertrag von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) in Mitteleuropa beeinflusst. Beteiligt an dem Projekt PerduS waren der Deutsche Wetterdienst (DWD), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Energiedienstleister meteocontrol.

Das Ziel des Forschungsteams rund um Detlev Majewski (DWD): Besser prognostizieren können, wie sich ein Saharastaub-Ausbruch auf die Leistung der PV-Anlagen auswirkt. Die Leistung wird nämlich nicht nur dadurch verringert, dass Staub (sogenannte Aerosole) die Atmosphäre stark trübt und somit weniger Sonnenstrahlen aufgefangen werden können. Der Staub lagert sich auch auf den Solarmodulen ab und verschmutzt diese, sodass sie nicht mehr einwandfrei funktionieren.

Das Neue an dem Forschungsprojekt: Saharastaub-Ausbrüche wurden bislang weder in der Wettervorhersage noch in den darauf aufbauenden PV-Leistungsprognosen berücksichtigt. Um solche Prognosen erstellen zu können, nutzte das Forschungsteam das Modellsystem ICON-ART und simulierte damit alle mineralstaub-relevanten Prozesse (Staubaufwirbelung, Transport, trockene und nasse Ablagerung, Wechselwirkung mit der Strahlung).

Neues Werkzeug ermöglicht genauere Ergebnisse

Als einziges Prognosesystem für Mineralstaub in Europa kann ICON-ART online-gekoppelt in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung die Wechselwirkung zwischen dem prognostizierten Saharastaub und der Sonnenstrahlung berechnen. Zum Beispiel, wie die von Staub absorbierte, reflektierte und gestreute Sonnenstrahlung die Temperatur in der Atmosphäre und am Erdboden verändert.

Das ist ein großer Vorteil gegenüber sogenannten offline-gekoppelten Modellen. Diese funktionieren nur in eine Richtung, indem sie die im Vorhinein vorhergesagten meteorologischen Einflussfaktoren (Wind, Temperatur, Wolken etc.) in einem zum Beispiel stündlichen Rhythmus in den Rechenprozess einlesen und anschließend den Staubtransport berechnen. Nicht ermittelt werden kann mit offline-gekoppelten Modellen dagegen die Rückwirkung, also wie sich der Saharastaub auf Wind, Temperatur und Wolken auswirkt.

Ich finde es sehr befriedigend,
wenn Arbeitsergebnisse so praktisch nutzbar sind.
Projektleiter Detlev Majewski
Gruppenfoto © Detlev Majewski, Deutscher Wetterdienst
Zum Abschluss traf sich das Projektteam in Offenbach. Von links nach rechts: Hannah Bünten (PtJ), Frank Wagner (KIT), Vanessa Bachmann (DWD), Christian Kurz (meteocontrol), Ina Mattis (DWD), Florian Filipitsch (DWD), Murat Yilmaz (PtJ), Lionel Doppler (DWD), Jonas Straub (DWD), Thomas Hanisch (DWD), Jochen Förstner (DWD), Detlev Majewski (DWD), François Lux (meteocontrol), Axel Seifert (DWD), Heike Vogel (KIT), Ali Hoshyaripour (KIT), Lars Wiegand (MetBw), Bernhard Vogel (KIT).

Um den Erfolg des Projekts sicherzustellen, arbeitete das Forschungsteam instituts- und organisationsübergreifend zusammen. Frühzeitig richteten die Fachleute einen Datenaustausch zwischen dem Deutschen Wetterdienst und dem Energiedienstleister meteocontrol ein, über den in Echtzeit umfangreiche Simulationsdaten bereitgestellt wurden.

„Der Aufbau des Mineralstaubvorhersagesystems ist mit einem Hausbau vergleichbar“, sagt Projektleiter Detlev Majewski. „Sie benötigen Architekten für den Entwurf, Bauingenieure für die Planung, Bauarbeiter für den Rohbau und dann weitere Unterstützung bei Installationen, Innenausbau und Gartengestaltung. Nur weil alle Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sich sehr genau ausgetauscht haben und jeder ein exakt abgestimmtes "Puzzleteilchen" geliefert hat, haben wir es als Team geschafft, die PV-Leistungsprognosen im Falle von Saharastaub-Ausbrüchen in Mitteleuropa entscheidend zu verbessern. Ich finde es sehr befriedigend, wenn Arbeitsergebnisse so praktisch nutzbar sind.“

Team will noch mehr erreichen und forscht weiter

Nach dem erfolgreichen Abschluss von PerduS forschen die Fachleute seit 1. Mai 2020 im Rahmen des vierjährigen Folgeprojekts PermaStrom weiter. Ihre Ziele: ICON-ART bis zum vierten Quartal 2022 vom prä-operationellen Betrieb, in dem das System permanent inhaltlich und IT-technisch weiterentwickelt und optimiert wird, in den operationellen Betrieb überführen. Außerdem wollen sie untersuchen, wie sich Aerosole auf die Wolkenbildung auswirken.

Darüber hinaus stellt der DWD alle Geodaten, das heißt auch alle von seinen Modellen erzeugten Analyse- und Vorhersagedaten, für alle Nutzer kostenfrei auf einem OpenData Server zur Verfügung. Für die Saharastaub-Vorhersagen bedeutet das, dass jeder Energiedienstleister diese Daten in seine Photovoltaik-Leistungsprognosen einfließen lassen kann.

Mithilfe der eigenen Forschung dazu beitragen, dass Photovoltaikanlagen besser betrieben werden können, ist für Detlev Majewski eine große Motivation. „PV-Anlagen leisten in Deutschland, Europa und weltweit mittlerweile einen wesentlichen Anteil bei der CO2-neutralen Stromerzeugung“, sagt er und erklärt, warum er das so wichtig findet: „Viele Naturwissenschaftler wie ich unterstützen aus innerer Überzeugung die Energiewende. Es ist schön, wenn wir durch unsere Arbeit mithelfen können, die globale Erwärmung mit allen negativen Folgen für die Erde und die Menschheit zu begrenzen.“ (kkl)

Förderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat das Projekt PerduS im Forschungsbereich „Integration erneuerbarer Energien“ innerhalb des Schwerpunkts „Prognosen und Vorhersagen“ gefördert. Den Rahmen dafür bildet das 6. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.