Luftaufnahme eines Sees, auf dem eine schwimmende Photovoltaikanlage installiert ist. (Symbolfoto) © un­gvar – stock.adobe.com
Luft­auf­nah­me eines Sees, auf dem eine schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge in­stal­liert ist. (Sym­bol­fo­to)

Pho­to­vol­ta­ik
Gro­ßes Po­ten­zi­al für schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik in Deutsch­land

28.08.2024 | Ak­tua­li­siert am: 28.08.2024

For­schen­de haben im Pro­jekt PV2FLOAT eine Po­ten­zi­al­ana­ly­se für schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik (eng­lisch: Floa­ting Pho­to­vol­taics; kurz: Floa­ting PV) durch­ge­führt. Dabei haben sie un­ter­sucht, in wel­chem Um­fang auf Ge­wäs­sern in­stal­lier­te Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen zu­künf­tig dazu bei­tra­gen kön­nen, die Nut­zung der So­lar­ener­gie in Deutsch­land aus­zu­bau­en. Die Au­torin­nen und Au­toren der Stu­die sehen hier­für ein um­fang­rei­ches Po­ten­zi­al.

Damit Pho­to­vol­ta­ik­mo­du­le zu­ver­läs­sig Son­nen­licht in elek­tri­sche En­er­gie um­wan­deln, wer­den sie auf den un­ter­schied­lichs­ten Flä­chen in­stal­liert. Neben üb­li­cher­wei­se ge­nutz­ten Dä­chern und Ge­bäu­de­fas­sa­den eig­nen sich eben­falls Ge­wäs­ser, auf denen schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen zum Ein­satz kom­men kön­nen. Floating-​PV-Anlagen bie­ten im Ver­gleich zu her­kömm­li­chen Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen den Vor­teil, dass sie keine neuen Land­flä­chen be­nö­ti­gen. Somit kon­kur­rie­ren sie nicht um Nut­zungs­flä­che, und sie kön­nen dazu bei­tra­gen, den Aus­bau der Pho­to­vol­ta­ik wei­ter vor­an­zu­brin­gen.

Schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik in Deutsch­land

In Deutsch­land gibt es mehr als 6.000 künst­li­che Seen, die je­weils eine Flä­che von min­des­tens einem Hekt­ar vor­wei­sen. Zu­sam­men­ge­nom­men um­fasst die Flä­che die­ser Seen mehr als 90.000 Hekt­ar. Bis­her wer­den auf deut­schen Ge­wäs­sern Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen mit einer Spit­zen­leis­tung von ins­ge­samt 21 Me­ga­watt be­trie­ben. Neue schwim­men­de An­la­gen mit einer kom­bi­nier­ten Leis­tung von 62 Me­ga­watt be­fin­den sich ak­tu­ell in der Genehmigungs-​ oder Kon­struk­ti­ons­pha­se. Ein For­schungs­team des Fraunhofer-​Instituts für So­la­re En­er­gie­sys­te­me ISE und von RWE hat nun im Rah­men des Pro­jekts PV2FLOAT ana­ly­siert, wie groß das dar­über hin­aus ge­hen­de Po­ten­zi­al schwim­men­der Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen in Deutsch­land aus­fällt. Als drit­ter Ver­bund­part­ner ar­bei­tet die Bran­den­bur­gi­sche Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Cottbus-​Senftenberg mit im Pro­jekt, wobei sich das dor­ti­ge Wis­sen­schafts­team auf die ge­wäs­ser­öko­lo­gi­sche Be­glei­tung kon­zen­triert.

Be­trächt­li­ches Po­ten­zi­al für Floa­ting PV

Für die Po­ten­zi­al­ana­ly­se haben die For­schen­den ab­ge­stuft ver­schie­de­ne PV-​Potenziale be­rech­net. Diese ab­ge­stuf­te Po­ten­zi­al­be­rech­nung er­mög­licht es, Hemm­nis­se beim PV-​Ausbau zu iden­ti­fi­zie­ren, zu klas­si­fi­zie­ren und zu quan­ti­fi­zie­ren. Auf Basis zu­neh­mend stren­ger tech­ni­scher, wirt­schaft­li­cher und öko­lo­gi­scher Kri­te­ri­en wer­den dabei die künst­li­chen Ge­wäs­ser­flä­chen ei­ner­seits da­hin­ge­hend un­ter­sucht, wie Floating-​PV-Anlagen auf ihnen tech­nisch um­setz­bar sind. An­de­rer­seits haben die For­schen­den be­rück­sich­tigt, wel­che Vor­ga­ben be­züg­lich des Erneuerbare-​Energien-Gesetzes (EEG) und des Was­ser­haus­halts­ge­set­zes ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Laut die­sen Ge­set­zen kön­nen in Deutsch­land ma­xi­mal 15 Pro­zent einer Ge­wäs­ser­ober­flä­che mit Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen be­deckt wer­den, wobei die An­la­gen gleich­zei­tig einen Ab­stand von min­des­tens 40 Me­tern zum Ufer ein­hal­ten müs­sen. Im kon­ser­va­tivs­ten be­trach­te­ten Sze­na­rio (dem des so­ge­nann­ten wirtschaftlich-​praktisch er­schließ­ba­ren PV-​Potenzials), flos­sen da­ne­ben nur künst­li­che Seen ein, die sich nicht in Schutz­zo­nen (wie etwa Na­tur­schutz­ge­bie­ten) be­fin­den und die nicht wei­ter als fünf Ki­lo­me­ter von Ein­spei­sungs­punk­ten ins Strom­netz ent­fernt sind, um einen wirt­schaft­li­chen Be­trieb der Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen zu ge­währ­leis­ten.

Im Er­geb­nis sehen die For­sche­rin­nen und For­scher ein gro­ßes wirtschaftlich-​praktisch er­schließ­ba­res Po­ten­zi­al, das – je nach Aus­rich­tung der So­lar­mo­du­le – 1,8 bis 2,5 Gi­ga­watt Pho­to­vol­ta­ik­leis­tung be­trägt, die mit auf künst­li­chen Seen in­stal­lier­ten An­la­gen in Deutsch­land er­zielt wer­den könn­te.

Mehr Ge­wäs­ser­flä­chen für den Aus­bau der Pho­to­vol­ta­ik

Die For­schen­den be­leuch­ten mit ihrer Ana­ly­se eben­falls, wie unter an­ge­pass­ten Rah­men­be­din­gun­gen ein noch grö­ße­res Po­ten­zi­al ent­ste­hen würde. Laut ihren Er­geb­nis­sen liegt das rein tech­ni­sche PV-​Potenzial bei einer Ge­wäs­ser­ab­de­ckung von 15 Pro­zent, einem Ufer­ab­stand von 20 Me­tern und ohne vor­ge­ge­be­nen Ma­xi­mal­ab­stand zu nächst­ge­le­ge­nen Ein­spei­se­punk­ten bei einer Leis­tung von etwa 14 Gi­ga­watt (mit Süd­aus­rich­tung der Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen). Wenn eine 35-​prozentige Ab­de­ckung der Ge­wäs­ser er­laubt wäre, würde das Po­ten­zi­al (mit Ost-​West-Ausrichtung der Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen) sogar auf eine Pho­to­vol­ta­ik­leis­tung von über 44 Gi­ga­watt stei­gen (siehe Gra­fik).

Graphische Darstellung des Floating-PV-Potenzials in Deutschland unter Einhaltung unterschiedlicher Vorgaben. Eine Ost-West-Ausrichtung der PV-Module ermöglicht es, mehr Module pro Fläche zu installieren und sowohl in den Morgenstunden als auch in den Abendstunden aufgrund der Orientierung mehr Sonnenlicht einzufangen als bei einer Südausrichtung. © Fraun­ho­fer ISE
Gra­phi­sche Dar­stel­lung des Floating-​PV-Potenzials in Deutsch­land unter Ein­hal­tung un­ter­schied­li­cher Vor­ga­ben. Eine Ost-​West-Ausrichtung der PV-​Module er­mög­licht es, mehr Mo­du­le pro Flä­che zu in­stal­lie­ren und so­wohl in den Mor­gen­stun­den als auch in den Abend­stun­den auf­grund der Ori­en­tie­rung mehr Son­nen­licht ein­zu­fan­gen als bei einer Süd­aus­rich­tung.

Die ana­ly­sier­ten Seen sind zu mehr als zwei Drit­teln Kies­gru­ben, die sich zum Groß­teil in Sach­sen und Baden-​Württemberg be­fin­den. Da­ne­ben hat das Pro­jekt­team in der Stu­die auch Stau­se­en, Rück­hal­te­be­cken, Tal­sper­ren und Berg­bau­se­en un­ter­sucht.

Um die ein­zel­nen Ge­wäs­ser­flä­chen zu er­fas­sen und räum­lich zu ana­ly­sie­ren, hat das Wis­sen­schafts­team Geo­in­for­ma­ti­ons­sys­te­me ge­nutzt. Neu ent­ste­hen­de Ge­wäs­ser­flä­chen wie etwa im Lau­sit­zer oder im Mit­tel­rhei­ni­schen Braun­koh­le­re­vier be­rück­sich­tigt die ak­tu­el­le Stu­die nicht. Auch sol­che Ge­bie­te bil­den zu­künf­tig wei­te­re po­ten­zi­el­le Nut­zungs­flä­chen für schwim­men­de Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen. (av)