
Ammoniak-Wasser-Gemisch als Kältemittel
Klimafreundliche Wärmepumpe erreicht 150 Grad Celsius
Die Anlage, die im Forschungsprojekt HT Wärmepumpe entwickelt und erprobt wurde, arbeitet besonders effizient und ist die weltweit erste ihrer Art. Der damalige Projektpartner hat ein Patent auf die Technologie angemeldet und inzwischen noch zwei weitere Anlagen in die praktische Anwendung gebracht.

Wärmepumpen gelten als eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende – sowohl auf niedrigen Temperaturen etwa für Raumwärme und Warmwasser als auch für Hochtemperaturanwendungen in der Industrie oder für die Fernwärmeversorgung. Doch bei Hochtemperaturwärmepumpen gibt es zwei zentrale Herausforderungen: Zum einen erreichen viele Modelle, die aktuell am Markt verfügbar sind, bislang nicht die Leistungen beziehungsweise Temperaturen, die für viele Hochtemperaturprozesse erforderlich sind. Zum anderen gilt es, alternative Kältemittel zu erproben, da gängige synthetische Kältemittel fluorierte Treibhausgase enthalten. Sie sollen durch klimafreundliche Alternativen abgelöst werden.
Das Forschungsprojekt HT Wärmepumpe hat sich genau diesen Herausforderungen gestellt und erfolgreich eine Hochtemperaturwärmpumpe mit einem Ammoniak-Wasser-Gemisch als Kältemittel entwickelt und erprobt. Die Anlage erreicht Temperaturen von bis zu 150 Grad Celsius bei einer Heizleistung von rund einem Megawatt. Umgesetzt wurde das Vorhaben zwischen 2018 und 2022 von der Firma AGO Energie + Anlagen in Kooperation mit den Stadtwerken Neuburg. Bei diesen wurde die Hochtemperaturwärmepumpe 2021 eingebaut und ist bis heute im Einsatz.
Optimierter Prozess ermöglicht höhere Temperaturen und mehr Effizienz
„Der Kern unseres Forschungsprojektes war es, den Kreisprozess der Wärmepumpe so abzuändern, dass nicht nur höhere Temperaturen erreicht werden können, sondern auch die Effizienz der Anlage an sich deutlich höher ist“, erklärt Projektleiter Dr. Klaus Ramming. „Unsere Hochtemperaturwärmepumpe ist nun die weltweit erste ihrer Art, die gleichzeitig so hohe Temperaturen und eine so hohe Effizienz erreichen kann.“
Stadtwerke erproben Wärmepumpe in realer Umgebung
Die Hochtemperaturwärmepumpe wurde bei den Stadtwerken Neuburg installiert. Diese betreiben ein Blockheizkraftwerk (BHKW), dessen Motorkühlwärme ein Fernwärmenetz speist und dessen Abgaswärme zur Heißwassererzeugung bis 140 Grad Celsius genutzt wird. Eine benachbarte Mälzerei benötigt dieses Heißwasser ganzjährig. In den Sommermonaten lohnte sich der Betrieb des BHWK jedoch bisher nicht, da der Bedarf des Fernwärmenetzes dann geringer ist. Dies hat sich nun durch den Einsatz der Hochtemperaturwärmepumpe geändert. Sie hebt die Motorkühlwärme des BHKW auf die Heißwassertemperatur an, so dass die Mälzerei ganzjährig versorgt werden kann. Im Winter speist der Rücklauf des Heißwassernetzes wiederum das Fernwärmenetz.
Patentierter Prozess wird zum Kernprodukt und kommt in die Anwendung
Aus dem Forschungsprojekt sind mehrere Patente hervorgegangen und die Hochtemperaturwärmepumpe ist inzwischen ein fester Bestandteil der Produktpalette der Firma AGO. „Die Wärmepumpe, die auf Basis des Forschungsprojektes entstanden ist, ist wirklich eines unserer Kernprodukte. Wärmepumpen sind gerade in aller Munde. Und dieser spezielle Typ ist besonders attraktiv, weil er in so vielen Leistungsklassen effizient eingesetzt werden kann“, sagt Ramming. „Schon jetzt sind die Erkenntnisse aus HT Wärmepumpe in zwei weitere Anlagen eingeflossen und wir haben Anfragen für weitere Einsatzgebiete.“ Eine dieser Wärmepumpen mit einem Temperaturniveau um die 85 Grad Celsius steht bereits bei den Stadtwerken Lemgo. Eine weitere mit rund 120 Grad Celsius befindet sich aktuell bei den Stadtwerken Münster im Bau.
Neben Stadtwerken sind aber auch zahlreichen Branchen in der Industrie mögliche Abnehmer für eine Hochtemperaturwärmepumpe. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig — eigentlich bei fast allen energieintensiven Unternehmen“, sagt Ramming. Dazu gehören zum Beispiel die Chemie- und Papierindustrie, aber auch fast alle Branchen, in denen Trocknung eine Rolle spielt: Etwa in Mälzereien, Ziegeleien, oder bei der Gipsherstellung.
Erfolgreiche Demonstrationen schaffen Vertrauen in neue Technologien
Das große Interesse an der neuen Hochtemperaturwärmepumpe führt Ramming auch auf das erfolgreiche Forschungsprojekt zurück. „Ohne ein Demonstrationsprojekt ist es sehr schwierig, das Vertrauen der Kunden in eine neue Technologie zu gewinnen“, sagt er. „Niemand will der erste sein. Und mit Hilfe der Förderung zeigen zu können, dass es funktioniert, ist sehr wichtig für eine erfolgreiche Markteinführung.“ (ks)