Startschuss für Norddeutsches Reallabor
Der Norden will Spitzenanwender von Wasserstoff werden
Zum Auftakt des Norddeutschen Reallabors haben sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik am Mittwoch getroffen und dargestellt, wie sie Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern mithilfe von Wasserstoff zu Vorreitern bei der Energiewende machen wollen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier überreichte symbolisch den Förderbescheid über rund 52 Millionen Euro.
Als umfassenden Transformationsprozess von historischer Dimension bezeichnete Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher in seiner Eröffnungsansprache das Vorhaben der Projektpartner. Ihr Ziel ist es, alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche in der Region zu dekarbonisieren, also den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu senken. 500.000 Tonnen CO2 wollen sie jährlich einsparen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei Wasserstoff zu. Der Energieträger soll künftig entscheidend dazu beitragen, die gesteckten Klimaziele zu erreichen.
Bundesminister Peter Altmaier betonte, dass die Herausforderung nur gemeinsam gelöst werden könne und lobte die Zusammenarbeit der Projektpartner über die Grenzen der Bundesländer hinweg. Norddeutschland sei für das Gelingen der Energiewende und des Klimaschutzes von entscheidender Bedeutung, sagte Altmaier. Nirgendwo wird so viel Strom aus erneuerbaren Quellen produziert und nirgendwo befürworten so viele Bürgerinnen und Bürger die Energiewende. Daher soll die Region einen wichtigen Beitrag zur Markteinführung der Wasserstoff-Produktion in Deutschland leisten.
Erneuerbare Energien gegenüber fossilen stärker fördern
Schleswig-Holsteins Energiewende-Minister Jan Philipp Albrecht erklärte, die Veranstaltung gebe ein wichtiges Aufbruchsignal für die nächste Stufe der Energiewende. Er sprach sich dafür aus, die Wettbewerbsbedingungen Erneuerbarer Energien so zu gestalten, dass diese gegenüber fossilen Energieträgern künftig bevorteilt werden. Ina-Maria Ulbrich, Staatssekretärin im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern unterstrich ebenfalls die Bedeutung angepasster regulatorischer Voraussetzungen, um die Chancen von Wasserstoff nutzen zu können.
Nach den Ansprachen diskutierten die Gäste die industriepolitische Bedeutung der anstehenden Forschungsarbeiten im Norddeutschen Reallabor. Peter Tschentscher betonte, dass der Industriesektor einen wichtigen Beitrag zu einer hohen Lebensqualität in Deutschland leiste und die Arbeit im Rahmen des Reallabors dazu beitragen werde, Wertschöpfung, gut bezahlte Arbeitsplätze und Wohlstand hierzulande und in Europa zu sichern. Für viele der beteiligten Unternehmen bedeute ihr Engagement in dem Projekt zunächst vor allem Investitionen, erklärte Roland Harings, Vorstandsvorsitzender des Kupferherstellers Aurubis und ergänzte, dass sich die Investitionen langfristig wirtschaftlich auszahlen sollten.
Dass sich Unternehmen für die Energiewende einsetzen, rentiert sich für die Betriebe nicht nur wirtschaftlich. Es trägt auch dazu bei, dass sie als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Roland Harings und Thomas Murche, Technischer Vorstand des Energieversorgers Wemag, waren sich einig, dass es sowohl bei der Gewinnung von Fachkräften als auch von Kunden darauf ankomme, dass Unternehmen neue Technologien offen und engagiert weiterentwickelten und so zum Klimaschutz beitrügen.
Hohe Erwartungen an erkenntnisreiche Ergebnisse
Die Projektpartner sollten den Weg hin zu einer wettbewerbsfähigen, kostengünstigen und effizienten Produktion und Nutzung von Wasserstoff aufzeigen, wünschte sich Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Thorsten Herdan, BMWi-Abteilungsleiter, forderte die Forschenden auf, im Dialog gemeinsam nach Lösungen zu suchen und mithilfe der engen Zusammenarbeit in dem branchenübergreifenden Netzwerk Sprachbarrieren zwischen Akteuren aus Politik und Wirtschaft zu überwinden. Dafür eigne sich das Förderformat der Reallabore der Energiewende, zu denen auch das Norddeutsche Reallabor gehört, bestens. Daher wolle das BMWi das Format als Erfolgsmodell etablieren und fortsetzen.
Projektkoordinator Werner Beba von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg lud die Gäste der Veranstaltung ein, die Projekte regelmäßig vor Ort zu besuchen und ihren Fortschritt hautnah zu verfolgen. Mit den Fördermitteln des BMWi von gut 52 Millionen und den Investitionen der beteiligten Projektpartner fließen insgesamt rund 300 Millionen Euro im Rahmen des Norddeutschen Reallabors in die Anwendung und in Praxistests von Wasserstoff in der Region. (kkl)