Hochtemperatursupraleiter in Großstädten
SuperLink: Innovatives Hochtemperatursupraleiter-Konzept in München
Gegenüber konventionellen Kabelsystemen übertragen Hochtemperatursupraleiter elektrische Energie fast verlustfrei und sind daher deutlich effektiver. Das Forschungsprojekt SuperLink will in München mit der HTSL-Technologie eine Vorreiterrolle übernehmen und diese nachhaltig in den Markt bringen.
Der Einsatz von Hochtemperatursupraleitern (HTSL) kann für Großstädte und Ballungszentren zukünftig eine attraktive Lösung sein, um ihre BürgerInnen zuverlässig mit Energie zu versorgen. Unerwünschte Energieverluste, die bei aktuell genutzten Stromsystemen auftreten, und der damit zusammenhängende CO2-Ausstoß können dabei deutlich gesenkt werden. Bei einem Einsparpotenzial von einem Prozent der städtischen Anschlussleistung würde dies für 15 deutsche Großstädte zusammen rund 880 Gigawattstunden (GWh) jährlich bedeuten. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von circa 440.000 Tonnen pro Jahr.
Wie sich HTSL in bestehende Energiesysteme eingliedern lässt
Für Großstädte stellt sich somit die Frage, wie die HTSL-Technologie großflächig und vor allem in bestehende Systeme integriert werden kann. Hier setzt das Forschungsprojekt SuperLink in München an. Die WissenschaftlerInnen wollen eine innovative HTSL-Kabel-Verbindung entwickeln, die eine elektrische Leistung von 500 Megavoltampere (MVA) – das entspricht etwa einem halben Kraftwerk – auf einem Spannungsniveau von 110 Kilovolt (kV) ökonomisch überträgt. Das Kabel soll dabei besonders schlank sein und im besten Fall einen Durchmesser von unter 15 Zentimetern aufweisen. So könnte es in bereits bestehende Kabelrohrsysteme integriert werden.
HTSL in Großstädten technisch und wirtschaftlich umsetzen
Entscheidende Aspekte im Forschungsprojekt sind die technische Umsetzung und die Wirtschaftlichkeit. Die sechs geförderten Projektpartner – Stadtwerke München, THEVA, NKT cables, Linde, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Fachhochschule Südwestfalen – bringen dazu ihre Expertise in den Bereichen Energieversorgung, HTSL-Technologie und Kühlanlagen zusammen. Bei Erfolg des Forschungsprojekts soll im nächsten Schritt erstmals ein 15 Kilometer langes Hochtemperatursupraleiter-Kabel unter realen Bedingungen in München eingesetzt werden.
Vorteil HTSL: Weniger Baumaßnahmen und mehr Energietransport möglich
Mit Blick auf die Zukunft stehen Großstädte bei der Stromversorgung einigen Herausforderungen gegenüber: So steigt der Strombedarf durch die Nutzung neuer Technologien in allen Lebensbereichen stark an, etwa durch Elektrofahrzeuge, neue Heizsysteme in Gebäuden und die zunehmende Digitalisierung. Zudem entwickeln sich Großstädte rasant weiter. Die Einwohnerzahl Münchens könnte laut Demografiebericht der Stadt bis 2040 um rund 14 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 steigen.
Der geringere Platz und steigende Kosten von Baumaßnahmen machen die Installation von konventionellen Stromsystemen sehr teuer. Lassen sich Hochtemperatursupraleiter in bestehende Stromsysteme integrieren, könnten sie einen entscheidenden Vorteil schaffen: Ohne relevante zusätzliche Baumaßnahmen kann mit diesen HTSL-Kabeln – im Vergleich zu konventionellen Kabeln bei gleichem Durchmesser – sogar deutlich mehr Energie transportiert werden.
Retrofitting: Können bisherige Kabelrohre genutzt werden?
Anders als bei bisherigen Forschungsprojekten im Bereich Hochtemperatursupraleiter, wie etwa AmpaCity (Spannungsniveau: 10 Kilovolt) in Essen, will SuperLink auch die Möglichkeiten des Retrofittings im 110 -Kilovolt-Bereich in Betracht ziehen. Hierbei könnten die HTSL-Kabel dann in bereits existierende unterirdische Kabelrohre eingezogen werden. Damit das möglich ist, dürfen sie allerdings nur maximal einen Durchmesser von 140 Millimetern aufweisen. Im Forschungsprojekt will das Team daher versuchen, ein neues sehr kompakt gebautes Kabeldesign zu entwickeln. Mit dem Retrofitting ließen sich kostenintensive und langwierige Baumaßnahmen sowie Einschränkungen für Verkehr und Anwohnende noch weiter reduzieren. Die Stadtwerke München (SWM) sehen hier eine Chance, dass eine zukünftige Nutzung der HTSL-Technologie bei Bürgerinnen und Bürgern durch geringere Baumaßnahmen auf Zustimmung stößt.
Stickstoff-Kühlanlagen für längere HTSL-Kabel
Mit dem Ausblick, HTSL-Kabel zukünftig in Ballungsräumen nutzen zu können, kommt auch die Frage der Kühlung auf. So muss die Kühlung ebenfalls in den schmalen Kabeln integriert sein und oftmals über Strecken von mehreren Kilometern konstant und zuverlässig kühlen. Das Forschungsprojekt SuperLink beabsichtigt daher die Entwicklung einer modularen Kühlanlage mit mehreren Zwischenstationen.
Eine zweite Besonderheit wird auch die Handhabung des Kühlmittels für längere Kabelsysteme sein. Bei kürzeren Strecken ist flüssiger Stickstoff bisher im offenen Kreislauf genutzt worden. Der unschädliche Stickstoff entweicht dabei in die Atmosphäre. Bei einer deutlich längeren Strecke würde zu viel davon verbraucht, was einen hohen logistischen Aufwand darstellt. Daher soll er sich in der neuen modularen Kühlanlage in einem geschlossenen Kreislauf bewegen.
Sechsmonatige Testphase in realem Testumfeld
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von SuperLink wollen zunächst alle technischen Komponenten entwickeln und dann die kompakten HTSL-Kabel und die modulare Kühlanlage für sechs Monate in einem Testfeld mit einer Versuchslänge von 150 Metern unter realen Bedingungen testen. Dies soll zeigen, dass die HTSL-Technologie im städtischen Umfeld einfach und vor allem sicher installiert und betrieben werden kann. Verläuft die Testphase erfolgreich, ist der Ausbau einer längeren HTSL-Kabelstrecke in München geplant.
HTSL: Wirtschaftliche und ökologische Stromversorgung für Großstädte
Das Forschungsprojekt SuperLink ist eine Chance, die HTSL-Technologie schneller in den Markt zu führen und damit wirtschaftliche und ökologische Aspekte der Stromversorgung in Ballungsräumen positiv zu beeinflussen. Mit dem erfolgreichen Einsatz von Hochtemperatursupraleitern in Großstädten, zeigt das Forschungsprojekt SuperLink nicht nur, wie Energie und CO2-Emissionen eingespart werden können. Es kann zudem eine Vorreiterrolle für Ballungsräume und Großstädte auf der ganzen Welt einnehmen und Deutschland als Innovations-Standort für die Energietechnologie stärken. (ln)