Solarthermische Kraftwerke
Parabolrinnen-Testanlage mit Flüssigsalzbetrieb
Jana Stengler Mission Stromwende 2045
DR.-ING. JANA STENGLER IM INTERVIEW
In Parabolrinnenanlagen kann Flüssigsalz anstelle von thermischen Ölen nicht nur als Speicher-, sondern auch als Wärmeträgermedium genutzt werden. Dafür sprechen höhere Betriebstemperaturen bis etwa 560 Grad Celsius mit entsprechend höheren Wirkungsgraden des Kraftwerks bei gleichzeitig geringeren Kosten. Noch arbeiten kommerziell betriebene Anlage allerdings mit Thermoölen. Dr.-Ing. Jana Stengler vom Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erläutert im Gespräch, welche Herausforderungen für einen wirtschaftlichen Salzeinsatz noch zu bewältigen sind – und wie die gerade eingeweihte Forschungsanlage in Évora dazu beitragen kann.
Frau Stengler, das DLR hat gemeinsam mit verschiedenen Partnern in Portugal eine Parabolrinnen-Testanlage aufgebaut, die mit Flüssigsalz betrieben wird. Was ist das Besondere daran?
Mit der Anlage können wir den Betrieb eines solarthermischen Kraftwerks simulieren, das Salz sowohl als Speicher- als auch als Wärmeträgermedium nutzt. Alle relevanten Komponenten sind hier vor Ort im Einsatz: das mit Flüssigsalz betriebene Solarfeld, ein Zwei-Tank-Speichersystem sowie ein neuartiger Dampferzeuger. Mit der installierten Technologie wird es uns möglich sein, dringend benötigte Betriebsdaten zu generieren und Optimierungspotenziale festzustellen, etwa bei der Auslegung der notwendigen Solarfeld-Heizung.
Warum wird eine solche Heizung benötigt?
Das Wärmeträgerfluid Salz kann hohe Temperaturen bis etwa 600 Grad aushalten, das ist der Vorteil gegenüber Thermoöl. Allerdings ist die typische Solarsalzmischung aus Natriumnitrat und Kaliumnitrat erst bei Temperaturen oberhalb von 250 Grad Celsius flüssig. Deshalb müssen alle Komponenten, die mit dem Salz in Berührung kommen, auf mindestens 250 Grad Celsius erhitzt werden. Sonst passiert das, was man im Winter aus dem Garten kennt, wenn man versehentlich den Gartenschlauch oder den Wasserhahn nicht abgestellt hat. Bei Minustemperaturen frieren die Leitungen. Beim Auftauen gibt es dann eine Dichteänderung, dabei können Leitungen platzen. Daher muss das ganze Solarfeld beheizt werden können.
Was sind die Besonderheiten?
Die Herausforderung bei der Heizung ist, dass die Absorberrohre einer Parabolrinnenanlage mit Salzbetrieb einerseits thermisch isoliert werden müssen, um die 250 Grad Celsius Betriebstemperatur zu halten und Verluste zu verhindern, die Rohre aber andererseits die Solarstrahlung aufnehmen und an das Wärmeträgerfluid durchlassen sollen. Das metallische Absorberrohr ist daher mit schwarzer Oberfläche beschichtet, damit es möglichst viel Strahlung absorbieren kann. Um dieses Rohr herum läuft ein Glashüllrohr, in dem ein Vakuum angelegt ist, das das Licht durchlässt, aber die thermischen Verluste reduziert, so wie bei einer Thermoskanne. Außen kann also keine Begleitheizung um das Rohr gewickelt werden, da käme das Licht nicht durch. Stattdessen arbeiten wir mit einer sogenannten Impedanzheizung. Hierbei wird das metallische Absorberrohr selbst als Heizelement benutzt, indem elektrischer Strom darauf angelegt wird.
Muss die Heizung 24 Stunden an sieben Tagen laufen?
Das ist eine der zentralen Fragen, die kostenseitig sehr interessant ist: Tagsüber im Normalbetrieb wird das Salz ja durch die Sonnenstrahlung aufgeheizt. Aber wie groß sind die thermischen Verluste über Nacht? Hierzu möchten wir Betriebsdaten generieren. Darüber hinaus gibt es auch Forschungsarbeiten zur solaren Vorwärmung.
Wie funktioniert eine solare Vorwärmung?
In diesem Fall würde man das Flüssigsalz abends aus dem System nehmen und am nächsten Morgen vor dem Betriebsstart solar vorwärmen. Der Vorteil: Das Salz käme über Nacht in einen Drainagetank. Das wäre eine Art beheizte Parkgarage für das Salz. Bei der permanenten Durchströmung der Anlage muss je nach Außentemperatur möglichweise dauerhaft die ganze Straße beheizt werden, um im Bild zu bleiben. In der HPS2-Anlage zirkulieren wir momentan mit Flüssigsalz im Solarfeld. Vielleicht ergibt es aber beispielsweise Sinn zu drainieren, wenn für eine Woche schlechtes Wetter vorhergesagt wird? Und was passiert bei einer Störung? Solche Themen möchten wir uns mit der Forschungsanlage anschauen.
Gibt es weitere Komponenten, die für den Betrieb mit Flüssigsalz angepasst werden mussten?
Ja, beispielsweise wurden die Parabolrinnenkollektoren für den Betrieb mit Flüssigsalz optimiert. Die Kollektorspiegel haben zum Beispiel eine größere Apertur und erreichen größere Konzentrationsfaktoren und somit höhere Temperaturen im Absorberrohr. Auch der Dampferzeuger ist eine Komponente, die für den Betrieb mit Flüssigsalz angepasst werden muss. Hier führt die höhere Temperatur auf der Salzseite zu höheren Drücken auf der Dampfseite, das heißt andere Werkstoffe und Designs kommen zum Einsatz.
Welche Forschungsfragen verfolgen Sie weiterhin?
Im HPS2-Projekt haben wir uns auf den Aufbau und das Zusammenspiel der Testanlage konzentriert — mit dem Solarfeld, dem Dampferzeuger und dem Speichersystem als den zentralen Komponenten. Perspektivisch sehe ich es als wichtig an, durch Forschungsarbeiten den Automatisierungsgrad solcher Anlagen zu erhöhen. Auch Fragen zur Drainage des Solarfelds oder zur Detektion und zum Management von Notfallsituationen stehen auf der Agenda. Korrosion beziehungsweise Korrosionsschutz ist auch immer ein Thema, wo Nitratsalze und viele metallische Werkstoffe bei hohen Temperaturen zusammenkommen.
Kann die CSP-Technologie mit Flüssigsalz in Parabolrinnenanlagen in Deutschland eingesetzt werden?
Zur klassischen Stromproduktion ist das leider wirtschaftlich nicht so interessant. Dazu haben wir in unseren Breitengraden eine zu geringe Sonneneinstrahlung. Deutschland ist aber weltweit bekannt für seinen Anlagenbau. Daher geht es in erster Linie darum, hier Know-how aufzubauen, das in Form von Komponenten- oder ganzen Kraftwerksauslegungen exportiert werden kann. Ein alternativer Einsatz in Mitteleuropa ist es, Parabolrinnenanlagen zur Produktion von Prozesswärme anstelle von Strom zu nutzen. Da ist die Effizienz besser, im Vergleich zu Photovoltaik zum Beispiel, deshalb kann das wirtschaftlich von Interesse sein. Hierfür kämen andere Flüssigsalze bei geringeren Betriebstemperaturen oder auch Thermoöle zum Einsatz. Das BMWK fördert hierzu beispielsweise das Forschungsprojekt Modulus.
Das Interview führte Ilse Trautwein, Wissenschaftsjournalistin beim Projektträger Jülich.